Der Weg in die Filterblase

Wie entstehen Filter Bubbles auf Facebook und wie beeinflussen sie unser Surfverhalten?

Eine Woche haben wir uns mit dem Thema Filter Bubbles beschäftigt und uns dabei die Frage gestellt, inwiefern diese unser Surfverhalten bei Facebook beeinflussen. Welchen (unbewussten) Beitrag leisten wir, damit uns in den sozialen Netzwerken Freunde, Seiten und Gruppen vorgeschlagen werden?

Um zu testen, wie schnell Facebook uns in eine Filterblase steckt, haben wir ein Experiment gestartet: Wir legten zwei Profile im größten sozialen Netzwerk an. Um die Extreme zu verdeutlichen, begaben wir uns in die Rechten- und Linkenszene.

                      

Als Ursula Pink und Erika Braun begannen wir politischen Seiten, Gruppen und Beiträgen zu folgen. Wir bekamen aufgrund unserer abonnierten Seiten Vorschläge für weitere Gruppen. Als wir über unsere angelegten Profile Beiträge in Gruppen verfassten, erhielten wir Vorschläge für Freundschaften und Freundschaftsanfragen von Gruppenmitgliedern.

                   

Unsere Seitenleiste füllte sich immer weiter mit Vorschlägen – aber nicht mit wahllos zusammengestellten, sondern solchen, die uns tiefer in die Szenen eintauchen ließen. So landeten wir mit beiden Profilen auf teilweise gewaltverherrlichenden Seiten oder solchen, die Fakenews verbreiten und sehr kritisch mit der aktuellen Regierung umgehen.

                   

In unserer Arbeitsphase wechselten wir zwischen den obengenannten Profilen und recherchierten zwischendurch auf einer rechtsorientierten Nachrichtenseite. Als wir uns wenig später als Ursula Pink anmeldeten, wurden uns auch Seiten vorgeschlagen, die eindeutig nicht aus der Linkenszene kamen, Grund dafür sind Cookies. Die kleinen Textdateien arbeiten mit dem Browser zusammen und speichern die eindeutig identifizierbaren Daten, die Aufschluss über unser Surfverhalten geben, auf dem Rechner des Users.

Wie weitreichend die Datensammlung wirklich ist, um unsere Filterblase zu füttern, lässt sich abschließend nicht aufklären. Woher kommen Vorschläge für Freundschaften, wenn noch gar keine Freunde auf Facebook vorhanden sind? Werden Beiträge und Kommentare auch gefiltert und erweitern das über uns angelegte Interessenprofil?

Interview „Anonymität im Internet“

Im Rahmen unseres Seminars haben wir ein Interview zum Thema „Anonymität im Internet“ geführt. In diesem Interview geht es speziell darum, welche Informationen Betreiber von Blogs und Facebookseiten über ihre Abonnenten erhalten.

Doch was hat das genau mit Filter Bubbles zu tun?

Seiten wie Facebook sammeln durch die Aktivitäten und Likes der Nutzer Informationen über diese und nutzen sie dazu, dem Leser die Beiträge zu präsentieren, die speziell auf ihn abgestimmt sind und ihn interessieren könnten. Durch die Angaben, die der Nutzer auf der Facebookseite über sich preisgibt, begibt sich die Person in ihre eigene Filterblase.
Ähnlich sieht das ganze auch bei Blogs und Facebookseiten aus. Der Administrator erhält Informationen über seine Leser und kann mit Hilfe dieser seine Beiträge auf die Bedürfnisse der Leser abstimmen und über die Themen schreiben, die die Leser interessieren. Dadurch schafft der Betreiber des Blogs sozusagen auch eine Filterblase für seine Leser.

Auf diesem Screenshot sieht man, wie der Leser überhaupt erst auf den Blog gestoßen ist. Es werden verweisende Websites angezeigt, die auf den Blog verlinkt haben, aber auch Suchbegriffe von Google, durch die der Leser auf den Blog gestoßen ist.

Hier sieht der Administrator des Blogs, aus welchem Land der Blog am meisten angeklickt wurde, welcher Browser benutzt wurde und welches Betriebssystem der Leser verwendet.

Hier erhält der Blogbetreiber Informationen darüber, welche Posts am meisten aufgerufen wurden. Diese Information ist sehr hilfreich, denn so erfährt der Administrator, welche Themen die Leser am meisten ansprechen und kann so zukünftige Posts an den Interessen der Leser orientieren.

Die Screenshots sind dem Blog Once upon a Story entnommen worden.

 

Wie kann man Filter Bubbles entfliehen?

Erleichterung oder Einschränkung

Filter Bubbles„, der Begriff klingt schillernd und gefährlich zugleich. Schillernd, denn er verspricht individuell zugeschnittene Informationen, die aus einer eingeschworenen, vernetzten Community heraus entstehen. Wie ein Strudel ziehen Filter Bubbles die Facebooknutzer oder Twitterinnen in die Tiefe. Und im Auge des Strudels warten Meldungen, die im Hirn die angenehmsten Funken sprühen lassen. In meinem Hirn schwirren dank Twitter Hummeln, egal wohin ich schaue – Mooshummeln, Steinhummeln , Hummeln die Fußball spielen können. Und nicht nur in meinem Hirn schwirren diese pelzigen Insekten, auch im schottischen Stirling und der kanadischen Provinz Ontario scheinen sich die Menschen für nichts anderes zu interessieren. Mittlerweile werde ich neben Hummelnews auch mit Informationen zu Wildbienen versorgt, die ich seit Kurzem ungemein spannend finde – der Strudel führt in die Tiefe. Er führt zu Erkenntnissen, die noch nie so schnell und so gebündelt zu erlangen waren, und zu Kontakten, die eine einzelne Person nie so einfach und kurzweilig hätte knüpfen können. Natürlich schränkt diese Fokussierung Nutzerinnen und Nutzer sozialer Medien auch ein. Denn viele andere Themen erscheinen dank maßgenauem Informationszuschnitt durch Algorithmen gar nicht mehr auf dem Bildschirm. Ab und an spülen die Wogen der Informationsflut andere Meldungen in unsere Kanäle, doch wenn wir diese blockieren, geht der Blick für das Meer an Nachrichten verloren und wir landen in einer Filterblase.

Sind Filter Bubbles nur Teil der digitalen Welt?

Die Gefahr sich die Welt zu verkleinern oder verkleinert zu bekommen, scheint in der digitalen Welt besonders groß zu sein. Feeds versorgen Userinnen und User mit mundgerechten, personalisierten Nachrichten – wir müssen sie nur noch verdauen. Zu den Algorithmen, die die Informationen portionieren, gewähren Facebook und Co. jedoch keinen Zugang. Um die Filterblase verlassen zu können, diskutierten wir im Multimedia-Seminar „Mensch-Maschine-Möglichkeiten“ des wannseeFORUMS, warum sich Menschen freiwillig in diese Blase begeben.

„Um Ordnung in diesen aufgewirbelten Kosmos zu bringen, muss der Mensch dessen Zentrum finden.“ – (Marshall McLuhan)

Während unserer Gespräche in der Multimediagruppe stellten wir fest, dass Filterblasen entstehen, weil wir bestimmte Entscheidungen treffen: wir liken Facebookseiten, wir treten Gruppen bei, wir folgen Personen und damit ändert sich das auf uns zugeschnittene Informationsangebot. Auf der anderen Seite steht die Blackbox des Portionierungsalgorithmus, den wir nur marginal beeinflussen können. Doch auch im analogen Leben begrenzen wir unsere Informationswelt: wir unterhalten uns mit Menschen, die wir mögen und denen wir vertrauen, wir lesen bestimmte Zeitungen oder ziehen in bestimmte Stadtviertel, weil sie mit unserer Vorstellung vom Leben übereinstimmen. Wir passen uns unsere Umgebung so an, dass wir den Alltag darin bewältigen können und schränken unsere Erfahrungswelt ein. Filterblasen sind kein rein digitales Phänomen, sondern viel mehr eine Verlängerung menschlicher Verhaltensmuster in den digitalen Bereich.

Der Weg aus der Blase

Während ich dies schreibe wird mir klar, dass sich über 40 Menschen aus Berlin und Hamburg mit unterschiedlichen Interessen und persönlichen Hintergründen täglich im Forum Gedanken zu den Möglichkeiten von Mensch und Maschine gemacht und darüber gesprochen haben. Genau das ist eine Möglichkeit der persönlichen Filterblase zu entfliehen, indem man seine Informationswelt erweitert und mit neuen Menschen teilt. Ein anderer Weg aus der Blase führt über das Wissen um die Einschränkung durch Filter, die einem von außen auferlegt werden. Das Zentrum des aufgewirbelten Kosmos liegt sowohl analog als auch digital in unserem kritischen Umgang mit Informationen und unserer Bereitschaft Neues und Ungewohntes wahrzunehmen und sich damit auseinanderzusetzen.

Grafiknachweis: wobbling on water 10 // Pekka Nikrus // flickr // CC BY-NC-SA 2.0

Inspiration im „Freiraum“

Zu neunt machten wir uns vom wannseeFORUM auf den Weg ins Museum für Kommunikation Berlin und bewegten uns und weiter aus unserer Filterblase heraus. Dafür erkundeten wir den „Freiraum“ des Museums und kamen mit Stefan Jahrling, dem Medienpädagogen des MfK, und Johannes Lindenlaub, dem Pressereferenten, ins Gespräch.

Im gemeinsamen Gespräch kristallisierte sich heraus, dass das Museum sich sehr bemüht, die analoge Welt mit der digitalen immer stärker zu verbinden. So soll beispielsweise im Realraum des Museums eine Ausstellung von kuratierten Instagrambildern realisiert werden. Die Instagrammerinnen und Instagrammer verlassen also ihre Bubble und stellen sich den Blicken einer Jury und des Publikums und erweitern andersherum den Blick der Museumsbesucherinnen und -besucher für die digitale Welt.

Im zweiten Teil drehten wir in der Greenbox des „Freiraums“ Videoschnipsel für unseren Blog. Die Zuschauerinnen und Zuschauer sollen zur Präsentation unseres Blogs selbst entscheiden, ob es sich dabei um Fakenews oder Realnews handelt. Beim Dreh spielten wir mit der Technik, versuchten mit dem Tempo des Teleprompters Schritt zu halten und machten Metaaufnahmen vom Entstehungsprozess unserer Clips – eine Menge Outtakes inbegriffen.